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Arbeitsrecht in Leitsätzen – Teil 5

Bundesarbeitsgericht, urteil vom 12.02.2025 – 5 AZR 127/24

Freistellung während der Kündigungsfrist – böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes?

Freigestellter Arbeitnehmer muss vor Ablauf der Kündigungsfrist noch kein neues Arbeitsverhältnis eingehen!

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig iSd. § 615 Satz 2 BGB anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht.


bundesarbeitsgericht, urteil vom 30.01.2025, 2 AZR 68/24

Kündigung per Einschreiben – bloß nicht ohne Auslieferungsbeleg

Die bloße Vorlage des Einlieferungsbelegs eines Einwurf-Einschreibens und die Darstellung seines Sendungsverlaufs begründen für sich allein genommen ohne die Vorlage einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs keinen Anscheinsbeweis für einen Zugang der eingelieferten Postsendung beim Empfänger.


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.01.2025 – 9 AZR 48/24 –

Gehaltsabrechnung als elektronisches Dokument im passwortgeschützten digitalen Mitarbeiterpostfach ist zulässig

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Diese Verpflichtung kann er grundsätzlich auch dadurch erfüllen, dass er die Abrechnung als elektronisches Dokument zum Abruf in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstellt.

Quelle: Pressemitteilung des BAG 3/25 vom 28.01.25 – Entgeltabrechnungen als elektronisches Dokument


LAG köln, Urteil vom 28.01.2025, 7 SLa 378/24

Die Lohnabrechnung ist kein deklaratorisches oder konstitutives Schuldanerkenntnisses

1. Eine Lohnabrechnung stellt regelmäßig lediglich eine Wissenserklärung, nicht aber eine rechtsgestaltende Willenserklärung dar. Der Arbeitnehmer kann aus diesen Mitteilungen nicht ohne weiteres ableiten, es handele sich um eine auf Bestätigung oder gar Veränderung der Rechtslage gerichtete Willenserklärung im Sinne eines deklaratorischen oder konstitutiven Schuldanerkenntnisses.

2. Die Lohnabrechnung hat nicht den Zweck, streitig gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Bei Irrtum kann grundsätzlich keine Seite die andere am Inhalt der Mitteilung festhalten.

Anmerkung:

Die Entscheidung beschäftigt sich zudem – als Einzelfall – mit den Vergütungsansprüchen eines freigestellten Personalvertretungsmitglieds.


LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.01.2025 – L 16 KR 61/24

Krank vor Antritt neuer Stelle – kein Krankengeld

Ein so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ges Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis wird nicht schon mit Ab­schluss eines Ar­beits­ver­trags be­grün­det. Wer krank wird, ohne seine Ar­beit an­ge­tre­ten zu haben, hat daher kei­nen An­spruch auf Kran­ken­geld.

Quelle: Redaktion beck-aktuell, bw, 11. Februar 2025


LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15.1.2025 – 3 SLa 156/24

Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG besteht,

wenn eine unternehmerische Entscheidung auf der Grundlage außerbetrieblicher Umstände zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfes im Betrieb führen.


LAG Köln, Urteil vom 14.01.2025 – 7 SLa 175/24

Pflichten des Arbeitnehmers bei Überlassung eines Fahrzeugs

Nach § 241 Abs. 2 BGB ist der Arbeitnehmer zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers verpflichtet.

Bei der Überlassung eines Fahrzeugs ist der Arbeitnehmer u.a. verpflichtet, den Arbeitgeber über Unfälle und auftretende Mängel unverzüglich zu informieren, damit dieser die notwendigen Maßnahmen in die Wege leiten kann (z.B. Mängelbeseitigung, Ausübung von Gewährleistungsansprüchen, Information von Versicherungen).

Zu den Pflichten des Arbeitnehmers gehört es aber auch, das ihm überlassene Fahrzeug pfleglich zu behandeln und keine Schäden zu verursachen, die über die üblichen Gebrauchsspuren hinausgehen.


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 05.12.2024 – 2 AZR 275/23

Die Vereinbarung einer Probezeit, die der Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, ist in der Regel unverhältnismäßig.


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.11.2024 – 9 AZR 13/24 

Arbeitnehmerüberlassung – Konzernprivileg

Überlässt ein Unternehmen, das einem Konzern angehört, einen Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über mehrere Jahre einem anderen Konzernunternehmen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers zum Zweck der Überlassung erfolgt ist. In diesem Fall kann sich das entleihende Unternehmen nicht auf das Konzernprivileg im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) berufen.

Zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer kommt nach § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aus einem der in § 9 Abs. 1 AÜG aufgeführten Gründe unwirksam ist. Diese Rechtsfolge tritt nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen nicht ein, es sei denn, der Arbeitnehmer wird „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“.

Der Kläger war vom 14. Juli 2008 bis zum 30. April 2020 bei der S-GmbH als Sitzefertiger angestellt. Seine vertraglich geschuldete Tätigkeit verrichtete er auf dem Werksgelände der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie. Die Beklagte und die S-GmbH waren während der Beschäftigungsdauer des Klägers konzernverbundene Unternehmen. Die genauen Umstände, unter denen der Kläger seine Arbeitsleistung erbrachte, sind zwischen den Parteien umstritten.

Der Kläger hat geltend gemacht, zwischen den Parteien sei nach § 10 Abs. 1 iVm. § 9 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, weil er seit Anbeginn seiner Beschäftigung bei der Beklagten unter Verletzung der Vorgaben des AÜG als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sei. Die vertragliche Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der S-GmbH sei nicht dienst- oder werkvertraglicher Natur gewesen, sondern als Arbeitnehmer-überlassung zu qualifizieren.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG für das Eingreifen des Konzernprivilegs bejaht, weil der Kläger nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt worden sei.

Diese Begründung hielt der revisionsrechtlichen Prüfung durch den Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts nicht stand. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar, wenn Einstellung „und“ Beschäftigung zum Zweck der Überlassung erfolgen. Die Konjunktion „und“ in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist als Aufzählung der bezeichneten Sachverhalte zu verstehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt das Konzernprivileg auch dann nicht zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer zum Zweck der Überlassung eingestellt „oder“ beschäftigt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beschäftigungsbeginn über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Eine solche Praxis indiziert einen entsprechenden Beschäftigungszweck.

Der Neunte Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes-arbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird zunächst die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen haben, um beurteilen zu können, ob eine Arbeitnehmerüberlassung gegeben war und das AÜG anzuwenden ist. Dies hängt davon ab, ob der Kläger tatsächlich in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingegliedert war und deren Weisungen unterlag oder allein die S-GmbH gegenüber dem Kläger weisungsbefugt war.

Quelle: Pressemitteilung BAG vom 12.11.2024 Nr. 30/24


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.10.2024 – 8 AZR 172/23

Unwirksamkeit von Catch-all-Klauseln zur Geheimhaltungsverpflichtung

Eine formularmäßig vereinbarte Vertragsklausel, die den Arbeitnehmer bezüglich aller internen Vorgänge beim Arbeitgeber über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zeitlich unbegrenzt zum Stillschweigen verpflichtet (sog. Catch-all-Klausel), benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb unwirksam.


LSG Bayern, Urteil vom 22.8.2024 – L 7 BA 114/23

Eine Statusfeststellung, wonach eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, wirkt nach einem Betriebsübergang auf einen neuen Arbeitgeber nicht über § 613a BGB weiter. 


LAG Hamm, Urteil vom 06.08.2024 – 6 SLa 257/24

Regelaltersgrenze überschritten – Bewerber musste nicht mehr eingeladen werden

Ein an den TVöD-V gebundener öffentlicher Arbeitgeber kann dazu berechtigt sein, Bewerber, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, unabhängig davon, ob sie schwerbehindert sind oder nicht, aufgrund des Alters im Sinne der Generationengerechtigkeit nicht einzustellen und nicht zum Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn ein jüngerer qualifizierter Bewerber für die Stelle vorhanden ist.


LAG Meckl.-Vorpommern, Urteil vom 06.08.2024 – 5 Sa 86/23

Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung – haltlose Anschuldigungen gegenüber anderen Beschäftigten

Die Erhebung und/oder Verbreitung haltloser Anschuldigungen gegenüber anderen Beschäftigten, insbesondere der grundlose Vorwurf eines strafrechtlich relevanten Verhaltens, kann nach vorangegangener einschlägiger Abmahnung eine ordentliche Kündigung rechtfertigen.

Anmerkung: Nichtzulassungsbeschwerde zum BAG eingelegt unter dem Aktenzeichen 3 AZN 681/24


BAG, Beschluss vom 11.07.2024, 9 AZB 9/24

Besonderer Vereinsvertreter gemäß § 30 BGB als arbeitnehmerähnliche Person

Besondere Vereinsvertreter iSv. § 30 Satz 1 BGB sind nach Erlöschen der ihnen erteilten Vollmacht arbeitnehmerähnliche Personen und gelten damit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG als Arbeitnehmer, wenn sie vom Verein wirtschaftlich abhängig und ihrer gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sind.


LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.7.2024 – 12 Sa 1266/23

Im Rechtsstreit über die Rückforderung vom Arbeitgeber gezahlter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konkretisieren sich die Darlegungslasten zur Leistungskondiktion wie folgt:

Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss der Arbeitgeber durch von ihm darzulegende und ggf. zu beweisende Umstände in ihrem Beweiswert erschüttern.

Ansonsten widerlegt sie das behauptete Fehlen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.

Außerdem muss der Arbeitgeber konkreten Vortrag des Arbeitnehmers zu den Umständen der Erkrankung und einer daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit ggf. durch erfolgreiche Beweisführung widerlegen.


LAG Mecklenburg-Vorp., Urteil vom 02.07.2024 – 5 Sa 108/23

Arbeitszeugnis: Leistungs- und Verhaltensbeurteilung (Beweislast)

1. Die Beurteilung von Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) entspricht im Falle einer abschließenden Benotung mit „stets zur Zufriedenheit“ oder „zur vollen Zufriedenheit“ regelmäßig einer durchschnittlichen Bewertung.

2. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis, welches dem Arbeitnehmer eine durchschnittliche bzw. befriedigende Leistung bescheinigt, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, welche eine überdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen sollen. Soll dagegen dem Arbeitnehmer eine nur ausreichende oder noch schlechtere Bewertung erteilt werden, hat der Arbeitgeber vorzutragen und zu beweisen, dass er damit den Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat.


BAG, Urteil vom 20.06.2024 – 2 AZR 213/23

Anscheinsbeweis – Einwurf-Einschreiben

Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins, dass Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe zu den postüblichen Zeiten zustellen.

Quelle: https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/2-azr-213-23/

Hierzu auch:

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.5.2024 – 5 Sa 893/23

1.
Ein- und Auslieferungsbeleg eines Einwurfeinschreibens begründen keinen Anscheinsbeweis für den im Auslieferungsbeleg genannten Tag der Zustellung, wenn der Auslieferungsbeleg eine falsche Postleitzahl ausweist.

2.
Im Bereich der Stadt Berlin ist nach der Verkehrsanschauung bis jedenfalls 15.30 Uhr mit einer Entnahme von Postsendungen aus dem Briefkasten zu rechnen. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt in einen Wohnungsbriefkasten eigeworfene Postsendungen gehen der adressierten Person am gleichen Tag zu.

3.
Den Arbeitnehmer trifft die volle Beweislast dafür, dass er vom Arbeitgeber durch den Ausspruch der Kündigung benachteiligt worden ist, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat. Im Rahmen des § 612a BGB können dem Arbeitnehmer indessen Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zugutekommen.

Dies ist dann der Fall, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der benachteiligenden Maßnahme und der Ausübung eines Rechts besteht. Besteht jedoch zugleich ein enger zeitlicher Zusammenhang zu anderen möglichen Kündigungsanlässen (hier: Ablauf der Probezeit), scheidet der Anscheinsbeweis aus.


LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.06.2024, 4 Sa 26/23

Auslegung einer Versetzungsklausel – Gleichbehandlungsgrundsatz – Entgeltgleichbehandlung nach dem EntgTranspG

Steht fest, dass ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin im Hinblick auf einen oder mehrere Vergütungsbestandteile niedriger vergütet wurde als diejenige Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, muss die Arbeitgeberin darlegen und beweisen, dass ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin geführt haben. Beruft sich die Arbeitgeberin darauf, dass die Personen aus der Vergleichsgruppe eine größere Berufserfahrung, eine längere Betriebszugehörigkeit und/oder eine höhere Arbeitsqualität aufwiesen, muss sie darlegen, wie sie diese Kriterien im Einzelnen bewertet und zueinander gewichtet hat. Gelingen ihr die entsprechende Darlegung und gegebenenfalls der entsprechende Beweis nicht, steht dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin eine höhere Vergütung nach Maßgabe des Entgeltgleichheitsgesetzes zu.


LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.06.2024 – 5 Sa 255/23

Betriebsratstätigkeit im Erholungsurlaub und wie sieht es hier mit einem Entgelt aus?

Das Ehrenamtsprinzip und das Begünstigungsverbot verhindern, dass ein Betriebsratsangehöriger für eine während seines Erholungsurlaubs aus nicht betriebsbedingten Gründen geleistete Betriebsratstätigkeit eine gesonderte Vergütung verlangen kann.

Quelle: https://www.landesrecht.rlp.de/bsrp/document/NJRE001582343


LaG Niedersachsen, Urteil vom 05.06.2024, 8 Sa 562/23

Unangemessene Benachteiligung eines Arbeitnehmers durch eine Bindungsdauer von fünf Jahren i.R.e. Anspruchs eines Arbeitgebers auf Rückzahlung von Fortbildungskosten

Eine Freistellung der Arbeitnehmerin von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung in Höhe von 50 Tagen im Zusammenhang mit einer Fortbildungsmaßnahme rechtfertigt nicht die Vereinbarung einer Bindungsdauer von fünf Jahren. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der Fortbildungsmaßnahme zusätzlich Studiengebühren in nicht unerheblicher Höhe trägt.


LAG Sachsen, Urteil vom 30.5.2024 – 4 SA 17/23

Zum Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG

1. Ein Urlaubsanspruch ist nicht bereits durch die im Rahmen eines Kündigungsschreibens erfolgte arbeitgeberseitige Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt.

2. Die Erfüllung des Urlaubsanspruchs ist nur möglich, wenn überhaupt eine Arbeitspflicht im fraglichen Zeitraum besteht (BAG Urteil v. 18.03.2014 – 9 AZR 669/12 – und – 9 AZR 877/13– je- weils Rn. 16). Die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs hängt daher auch von der Arbeitsfähig- keit des Arbeitnehmers ab (BAG Urteil v. 18.03.2014 – 9 AZR 877/13 – Rn. 16). Wer arbeitsunfä- hig erkrankt ist, kann durch Urlaubserteilung von seiner Arbeitspflicht nicht mehr befreit werden.

3. Der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird in der Regel durch die Vorlage eine ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG geführt. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG reicht die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG aus, um dem Arbeitsgeber das Recht zur Leistungsverweigerung zu ent- ziehen (BAG Urteil v. 08.09.2021 – 5 AZR 149/21– Rn. 12).

4. Der Arbeitgeber kann den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur dadurch er- schüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und im Bestreitensfall beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben (BAG Urteil v. 08.09.2021 – 5 AZR 149/21– Rn. 14).

Quelle: Beck-Verlag / beck-online / BeckRS 2024, 18653


LAG Niedersachsen, Urteil vom 17.5.2024 – 14 SLa 26/24

Anspruch eines ehemaligen langjährig beschäftigten Arbeitnehmers auf Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie während der passiven Phase der Altersteilzeit

Ein Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit wird nicht sachfremd benachteiligt, wenn der Arbeitgeber nur an die noch aktiv Beschäftigten eine Inflationsausgleichsprämie nach § 3 Nr. 11c) EStG zahlt.


LAG Düsseldorf, URTEIL vom 15.05.2024, 14 SLa 81/24

Annahmeverzugslohn – Zumutbare Arbeit – Schadensersatz bei unterbliebener Zielvorgabe

Eine Arbeit ist nicht zumutbar iSv. § 11 Nr. 2 KSchG, wenn der Nettoverdienst nur geringfügig höher als das Arbeitslosengeld I ist, Kosten für die Arbeitswege mit dem Pkw anfallen, zu befürchten ist, dass der gekündigte Arbeitnehmer seine Expertise bei der anderen Tätigkeit verliert, sowie Probleme bei der Kinderbetreuung bestehen. 2. Bei einer in der Zielperiode pflichtwidrig und schuldhaft unterbliebenen Zielvorgabe ist der Arbeitgeber in gleicher Weise wie bei einer pflichtwidrig und schuldhaft nicht abgeschlossenen Zielvereinbarung zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet, allerdings ohne dass ein Mitverschulden des Arbeitnehmers in Betracht kommt.

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.4.2024 – L 12 AS 1818/23

Keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit bei verhaltensbedingter Kündigung

Sofern im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, besteht keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach § 2 Abs 3 S 1 Nr 2 FreizügG/EU (juris: FreizügG/EU 2004).


LAG Rheinland-Pfalz , Urteil vom 16.04.2024, 6 Sa 167/23

Auslegung einer Vereinbarung zur Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich – unter bestimmten Voraussetzungen ist dies möglich

Zur Auslegung einer Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien, wonach die Parteien die Anhebung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich geregelt haben.

Quelle: https://www.landesrecht.rlp.de/bsrp/document/NJRE001579607


LAG Köln, urteil vom 11.04.2024, 7 Sa 504/23

Personenbedingte (krankheitsbedingte) Kündigung – Prüfung der sozialen Rechtfertigung (3 Stufen)

Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist eine negative Prognose hinsichtlich der künftigen Entwicklung des Gesundheitszustands indiziert.

Der dauernden Leistungsunfähigkeit steht die völlige Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gleich. Eine solche Ungewissheit besteht, wenn in absehbarer Zeit nicht mit einer positiven Entwicklung gerechnet werden kann. Als absehbar ist in diesem Zusammenhang ein Zeitraum von bis zu 24 Monaten anzusehen. Dabei stellt eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit ein gewisses Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar.

Es existieren keine starren Grenzen, ab welchem Zeitpunkt eine Krankheit als langanhaltend gelten hat. Jedenfalls dann wenn der Sechswochenzeitraum des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG noch nicht abgelaufen ist, kann allein die bisherige Dauer einer Erkrankung nicht als Indiz für eine dauerhafte oder langandauernde Arbeitsunfähigkeit dienen.


LaG Düsseldorf, urteil vom 10.04.2024, 12 Sa 1007/23

Stellenbesetzung – Google-Recherche (anlassbezogen vs. anlasslos) – Entschädigung

1. Die nicht rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, steht der Eignung i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG für eine befristete Stelle im Justiziariat/Personalwesen eines öffentlichen Arbeitgebers entgegen.

2. Dem steht nicht entgegen, dass der öffentliche Arbeitgeber von der Verurteilung durch eine Google-Recherche über den Bewerber erfahren hat. Diese war im konkreten Fall gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO zulässig. Die Erforderlichkeit ergibt grundsätzlich aus der Zweckbindung des Einstellungsverfahrens und der daraus folgenden Aufgabe des öffentlichen Arbeitgebers, die Eignung des Bewerbers festzustellen und zu überprüfen.

Es bleibt offen, ob ein anlassloses „googeln“ zulässig ist.

Hier waren einem Mitglied der Auswahlkommission Umstände bekannt, welche die Google-Recherche rechtfertigten.

3. Führt ein Arbeitgeber eine Google-Recherche durch, ist der Bewerber über diese Datenerhebung gemäß Art. 14 DSGVO zu informieren. Die Information über die Datenkategorien (Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO) muss dabei so präzise und spezifisch gefasst sein, dass die betroffene Person die Risiken abschätzen kann, die mit der Verarbeitung der erhobenen Daten verbunden sein können. Kommt der Arbeitgeber dieser Informationspflicht nicht nach und verwertet die erlangte Information – hier über die strafrechtliche Verurteilung – im Stellenbesetzungsverfahren, steht dem Bewerber ein Entschädigungsanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu.


Arbeitsgericht berlin, Urteil vom 19.3.2024 – 22 Ca 8667/23

Entgeltfortzahlung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Erschütterung des Beweiswerts

Wird eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vom Arbeitgeber erschüttert, muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, dass er krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Das kann auch durch Vernehmung der behandelnden Ärztin als sachverständige Zeugin erfolgen.

Quelle: Beck-Verlag / beck-online / FD-ArbR 2024, 823283


LaG Düsseldorf, Urteil vom 05.03.2024 – 14 Sa 1148/23

Tariflicher Ausschluss der Inflationsausgleichsprämie während der Passivphase der Altersteilzeit wirksam.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 4/2024 vom 05.03.2024

Link zur Pressemitteilung: https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/Nr_04_24/index.php


LAG Mecklenburg-Vorpommern, urteil 13.02.2024 – 2 Sa 79/23

1. Die Rechtfertigung einer „Tatkündigung“ hängt allein davon ab, ob im Kündigungszeitpunkt objektiv Tatsachen vorlagen, die zu der Annahme berechtigen, dem Kündigenden sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – im Fall der außerordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – unzumutbar gewesen.

2. Die Rechtfertigung einer „Tatkündigung“ hängt allein davon ab, ob im Kündigungszeitpunkt objektiv Tatsachen vorlagen, die zu der Annahme berechtigen, dem Kündigenden sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – im Fall der außerordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – unzumutbar gewesen. 

3. Für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten kommt es darauf an, ob sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO).

4. Wird unter Beteiligung von Personen verhandelt, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen (§ 185 GVG). Dieses Gebot ist eine Ausprägung des Verfassungsgrundsatzes (Art. 2 I20 III GG) des „fair trial“ (BVerfG, Beschluss vom 17.05.1983 – 2 BvR 731/80 – Rn. 33, 34, juris). Jedenfalls hat das Gericht für die Hinzuziehung eines Dolmetschers Sorge zu tragen, wenn es das persönliche Erscheinen einer der deutschen Sprache nicht mächtigen Partei anordnet (BGH, Beschluss vom 01.03.2018 – IX ZR 179/17 – Rn. 16, juris).


OLG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 – 7 W 11/24

Bewertung von Arbeitgebern – Bewertungsportal muss Klarnamen benennen

Auch für die Zulässigkeit von Bewertungen in einem Arbeitgeber-Bewertungsportal kommen die vom Bundesgerichtshof für die Haftung des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze (BGH, Urt. v. 9. August 2022, Az. VI ZR 1244/20, NJW 2022, S. 3072 ff.) vollen Umfangs zum Tragen.

Die Erhebung einer Vielzahl von Rügen eines Bewerteten gegen Bewertungen in einem Bewertungsportal, die jeweils darauf gestützt werden, dass ein geschäftlicher Kontakt zwischen dem Bewerter und dem Bewerteten nicht bestanden hat, begründet allein nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Das gilt auch dann, wenn der Bewertete sich dabei von einer Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt, die offensiv damit wirbt, gegen Zahlung pauschalierter Festhonorare gegen Einträge in Bewertungsportalen vorzugehen.

Der Bewertete kann die Löschung der Bewertung verlangen, wenn der Portalbetreiber den Bewerter ihm gegenüber nicht so individualisiert, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann. Das gilt auch dann, wenn der Portalbetreiber einwendet, aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen diese Individualisierung nicht vornehmen zu dürfen.

Quelle: https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/JURE240002616


ArbG Heilbronn, Urteil vom 18.01.2024 – 8 Ca 191/23

Entschädigung wegen Altersdiskriminierung bei Einstellung – Digital Native

Die Formulierung in einer Stellenanzeige „als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds …. zu Hause“ stellt ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters dar.

Quelle: https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240002370


LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.01.2024, 3 Sa 4/23

Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld dürfen vom Arbeitgeber nicht einseitig auf monatliche Zahlungen umgestellt werden

Die Zweifelsregelung in § 271 Abs. 2 BGB gestattet es einem Arbeitgeber nicht, eine dem Arbeitnehmer bisher zustehende jährliche Einmalzahlung wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kraft einseitiger Entscheidung stattdessen in anteilig umgelegten monatlichen Teilbeträgen zu gewähren, um sie pro rata temporis auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen zu können.

Arbeitsgericht Gera, Urteil vom 20.12. 2023 – 4 Ca 495/23

Außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung eines Chefarztes – allgemeiner Weiterbeschäftigungsantrag

Ein Chefarzt, der in einem von zwei Kreiskrankenhäusern für die medizinische Versorgung verantwortlich ist, und der die unternehmensrechtliche Entscheidung „torpediert“, diese zwei Kreiskrankenhäuser zu verschmelzen, verletzt hierdurch nicht seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Er verstößt auch nicht gegen seine Loyalitätspflichten.

Hinweis (Stand 31.05.2024): Berufung anhängig beim Thüringischen Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 3 Sa 20/24.


BAG, urteil vom 05.12.2023, 9 AZR 230/22

Urlaubsabgeltung – Doppelarbeitsverhältnis – Anrechnung von Urlaub

Anderer Job nach rechtswidriger Kündigung – dann kein doppelter Urlaubsanspruch

1. Geht ein Arbeitnehmer nach einer rechtswidrigen Kündigung einer anderen Beschäftigung nach, entstehen für den Zeitraum der zeitlichen Überschneidung beider Arbeitsverhältnisse auch dann ungeminderte Urlaubsansprüche sowohl gegenüber dem alten als auch gegenüber dem neuen Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht hätte kumulativ erfüllen können.

2. In einem solchen Fall ist jedoch zur Vermeidung doppelter Urlaubsansprüche der Urlaub, den der Arbeitnehmer vom neuen Arbeitgeber erhalten hat, in entsprechender Anwendung von § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB auf den Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsanspruch gegen seinen alten Arbeitgeber anzurechnen. Die Anrechnung ist kalenderjahresbezogen vorzunehmen.


LAG Rheinland-pfalz, urteil vom 16.11.2023, 2 Sa 90/23

Rückzahlung von Fortbildungskosten

Eine Formularklausel, die den Arbeitnehmer zur Rückzahlung der vom Arbeitgeber finanzierten Kosten seiner Weiterbildung verpflichtet, wenn er während der Weiterbildungszeit aus seinem Verschulden oder „auf eigenen Wunsch“ aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB, weil hiervon auch alle Fälle einer unverschuldeten Eigenkündigung aus personenbedingten Gründen erfasst werden.


LAG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2023 14 Sa 526/23

Befristung nach WissZeitVG – Unterrichtungspflicht gegenüber dem Personalrat

Bei der Durchführung der Mitbestimmung zur Befristung hat der Arbeitgeber den Personalrat so zu informieren, dass dieser sein Mitbestimmungsrecht wahrnehmen kann. Der Personalrat soll prüfen können, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam ist. Bei § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten Bestandteil der Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Befristung. Das Überprüfungsrecht ist nicht für Bereiche ausgeschlossen, in denen eine unbefristete Beschäftigung nicht vorgesehen ist.


LAG Düsseldorf, urteil vom 25.10.2023, 12 Sa 262/23

Vertragliches Wettbewerbsverbot, Nebentätigkeit, Unterlassung von Wettbewerb nach arbeitgeberseitiger Kündigung

1. Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitnehmer darf deshalb grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausüben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt.

2. Die Unterlassung von Wettbewerb kann grundsätzlich auch nach einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber und nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Dem steht nicht entgegen, dass sich dabei beide Parteien widersprüchlich verhalten.

3. Eine Aussetzung des Verfahrens betreffend den Unterlassungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens ist nicht sachgerecht. Beide Parteien haben im Hinblick auf das jeweils für sie streitende Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG ein erhebliches Interesse daran, zu wissen, ob das Wettbewerbsverbot besteht.

4. Steht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Unterlassungsanspruch im Kündigungsschutzverfahren noch nicht fest, ob die Kündigung wirksam oder unwirksam ist, gilt Folgendes:

a) Der Unterlassungsanspruch kommt dann in Betracht, wenn die streitige Kündigung offensichtlich unwirksam ist.

b) Ist dies nicht der Fall, hat im Hinblick auf das für beide Parteien betroffene Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG eine umfassende Folgenabwägung stattzufinden. Hierbei ist auch der Stand des Kündigungsschutzverfahrens zu berücksichtigen. So ändert ein der Kündigungsschutzklage stattgebendes Urteil die Interessenlage maßgeblich. Hat sich der Arbeitnehmer mit seiner Rechtsansicht betreffend die Kündigung durchgesetzt, kann von ihm grundsätzlich erwartet werden, dass er einen konkret und unmittelbar gegen den Arbeitgeber gerichteten Wettbewerb unterlässt.

c) Diese Sachlage ändert sich erneut, wenn der Arbeitgeber eine weitere, nicht offensichtlich unwirksame Kündigung ausspricht.

Leitsatz nach BeckRS 2023, 42616 (Beck-Online):

Der gekündigte Arbeitnehmer darf dem Arbeitgeber während des Kündigungsschutzverfahrens grundsätzlich keine Konkurrenz machen, insbesondere wenn die Kündigung offensichtlich unbegründet ist oder der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess erstinstanzlich obsiegt hat. 


LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.10.2023 – 10 Sa 23/23

Urlaub – Verfall – Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers – Betriebsferien

1. Ist der Arbeitnehmer infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit daran gehindert, seinen Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres zu nehmen, kann der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub – bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit – unter besonderen Umständen mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres untergehen. Erkrankt der Arbeitnehmer erst im Verlaufe des Urlaubsjahres, erlischt der Anspruch grundsätzlich aber nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten rechtzeitig in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch auszuüben (im Anschluss an BAG 31. Januar 2023 – 9 AZR 107/20 – Rn. 13 und 15).

2. Die Mitwirkungsobliegenheiten eines Arbeitgebers im Zusammenhang mit dem Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub umfassen auch den Hinweis auf vom Arbeitgeber geplante Betriebsferien.

3. Weist ein Arbeitgeber nicht rechtzeitig vor dem Beginn der Erkrankung eines Arbeitnehmers auf geplante Betriebsferien hin, reduziert sich der Urlaubsanspruch – und ihm folgend der Urlaubsabgeltungsanspruch – grundsätzlich nicht um die Tage der Betriebsferien.


BAG, Urteil vom 18. Oktober 2023, 5 AZR 22/23

Arbeit auf Abruf – Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.

Eine Abweichung davon kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, die Parteien hätten bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt.


LAG MECK-POMM, URTEIL VOM 17.10.2023, 2 Sa 61/23

„junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut“ sucht Verstärkung

und die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG – Diskriminierung wegen des Alters – Entschädigung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO – materieller oder immaterieller Schaden?

1. Enthält eine Stellenausschreibung Formulierungen, insbesondere Anforderungen, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, kann dies die Vermutung nach § 22 AGG begründen, der/die erfolglose Bewerber/in sei im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden (BAG, Urteil vom 11.08.2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 31, juris).

2. Eine an eine unbekannte Vielzahl von Personen gerichtete Stellenausschreibung ist nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers zu Grunde zu legen sind (BAG, Urteil vom 11.08.2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 33, juris).

3. Entscheidend sind die konkrete textliche Gestaltung sowie die Formulierungen in ihrer Gesamtheit. Dabei ist der Gesamtkontext maßgeblich. Zu berücksichtigen sind die Gesamtformulierung, Stellung der Formulierung im Anzeigentext, ggf. enthaltene Zusätze, der Aufbau. Es verbietet sich, einzelne Worte für sich stehend herauszunehmen.

4. Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist dahin auszulegen, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Verordnung nicht ausreicht, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen (EuGH, Urteil vom 04.05.2023 – C-300/21 – Rn. 29 ff, juris). Es muss tatsächlich ein Schaden eingetreten sein und ein Kausalzusammenhang zwischen Verstoß gegen die DSGVO und dem Schaden bestehen.

Anmerkung:

Das LAG sieht keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG) und führt dazu weiter aus:

Es ist weder zu einer unmittelbaren noch zu einer mittelbaren Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AGG gekommen. Insbesondere hat der Beklagte die Stelle in seinem Betrieb nicht unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben.


BAG, Beschluss vom 17. Oktober 2023, 1 ABR 24/22) 

Verbot der Handynutzung durch den Arbeitsgeber ohne Beteiligung des Betriebsrates?

Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht zu, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit untersagt, um eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung sicherzustellen.


LAG Meck-pomm, Urteil vom 28.09.2023 – 5 Sa 15/23

Gehaltsrückforderung wegen nicht erbrachter Arbeitsleistung – Darlegungs- und Beweislast

1. Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entfällt ganz oder teilweise, wenn der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt, es sei denn, die Vergütung ist aus anderen Rechtsgründen fortzuzahlen, z. B. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

2. Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Auf den entsprechenden Prozessvortrag des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer sodann substantiiert zu erwidern. Das gilt auch bei Arbeitsleistungen im Home-Office.


LAG Köln, Urteil vom 27.09.2023 – 5 Sa 15/23

Gewährung von Getränkemarken

Die Ermöglichung eines „Vorortverzehrs“ von Getränken und die Ausgabe von Getränkemarken an Arbeitnehmer stellen die Leistung von Arbeitsentgelts dar, wenn im Unternehmen keine Tätigkeiten anfallen, die mit einem erhöhten Flüssigkeitsbedarf verbunden sind.

Erhalten Außendienstmitarbeiter zusätzliche Getränkemarken, weil sie aus tatsächlichen Gründen regelmäßig nicht in der Lage sind, den „Vorortverzehr“ in Anspruch zu nehmen, hat ein freigestelltes Betriebsratsmitglied, das vor der Freistellung im Außendienst gearbeitet hat, ebenfalls Anspruch auf die zusätzlichen Getränkemarken. Dies gilt auch dann, wenn das Betriebsratsmitglied wegen der Freistellung tatsächlich regelmäßig in der Lage ist, den „Vorortverzehr“ in Anspruch zu nehmen.


LAG Meckl.-Vorpommern, urteil vom 15.08.2023, 5 Sa 172/22

Kündigung wegen Strafanzeige gegen Arbeitgeber – Auflösungsantrag des Arbeitgebers

1. Die Erstattung einer Strafanzeige ohne vorherigen Versuch einer innerbetrieblichen Klärung stellt regelmäßig keine Pflichtverletzung dar, wenn mit einer neutralen, unvoreingenommenen Aufarbeitung der Vorgänge innerhalb des Betriebs oder Unternehmens nicht zu rechnen ist, weil sich beispielsweise die Vorwürfe direkt gegen den Arbeitgeber oder seine Repräsentanten richten.

2. Das Arbeitsverhältnis kann auf Antrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen sein, wenn das Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber oder seinen Repräsentanten durch eine persönliche Feindschaft oder einen persönlichen Machtkampf geprägt ist und die Unternehmensinteressen nicht mehr im Vordergrund stehen.


LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 08.08.2023 – 8 Sa 332/22

Entschädigungsanspruch eines Arbeitnehmers aufgrund unbefugter Weiterleitung eines Nacktfotos durch einen Arbeitskollegen

In der unbefugten Zuleitung eines Nacktfotos an einen gemeinsamen Arbeitskollegen kann eine so gravierende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des betroffenen Arbeitnehmers liegen, dass diesem ein Entschädigungsanspruch zusteht.

Ergebnis: Das LAG sprach einen Ersatzanspruch von 3.000 EUR zu.

Quelle: https://www.landesrecht.rlp.de/bsrp/document/JURE230056450/part/L


LAG Meckl.-Vorpommern, Urteil vom 27.6.2023 – 2 Sa 17/23

Ende der Pflicht des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung

1.Die Vorschriften der §§ 60, 61 HGB gelten während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses in gleicher Weise für Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers ohne dessen Einwilligung Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Dem Arbeitnehmer ist jeglicher Wettbewerb untersagt.

2.Allerdings darf der Arbeitnehmer, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten.

3.Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet die Pflicht des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung. Der Arbeitgeber kann sich vor einer nachvertraglichen konkurrierenden Tätigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Vereinbarung eines bezahlten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nach §§ 74 ff. HGB schützen. Fehlt es an einer rechtswirksamen Wettbewerbsabrede, kann der Arbeitnehmer wie jeder Dritte zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb treten. Hierbei kann er sein im Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einsetzen und auch in den Kundenkreis des Arbeitgebers eindringen.

4.Ein Unterlassungsanspruch kann sich nach § 8 Abs. 1 UWG nur ergeben, wenn der ehemalige Arbeitnehmer unlautere geschäftliche Handlungen vorgenommen hat und diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr besteht. Der Unterlassungsanspruch setzt durch den Arbeitnehmer ausgeübten „unlauteren“ Wettbewerb voraus.


BAG, Urteil vom 20.06.2023, 1 AZR 265/22

Keine Erstattung einer Personalvermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer

Eine vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist durch Eigenkündigung beendet, ist unangemessen und daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.


LAG Meckl.-Vorpommern, urteil vom 13.06.2023, 2 Sa 109/22

Kündigung – Minderleistung – Auflösungsantrag des Arbeitgebers – Darlegungslast

1. Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann. Die Leistungspflicht ist nicht starr, sondern dynamisch und orientiert sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Ein objektiver Maßstab ist nicht anzusetzen. Der Arbeitsvertrag kennt als Dienstvertrag keine „Erfolgshaftung“ des Arbeitnehmers. Der Dienstverpflichtete schuldet das „Wirken“, nicht das „Werk“ (BAG, Urteil vom 17.01.2008 – 2 AZR 536/06 – Rn. 15, juris).(Rn.72)

2. Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen, gegebenenfalls das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft.(Rn.74)

3. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommt nach der Konzeption des Gesetzes nur ausnahmsweise in Betracht. An den Auflösungsgrund des Arbeitgebers sind strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 22.10.2004 – 1 BvR 1944/01 – Rn 26, juris). Vorausgesetzt wird die Prognose einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses, deren Beseitigung nach Aufwendung aller zumutbaren Anstrengungen unmöglich erscheint.(Rn.98)

4. Nach dem Verhandlungsgrundsatz darf das Gericht seiner Entscheidung nur solche Auflösungstatsachen zu Grunde legen, die der darlegungspflichtige Arbeitgeber vorgebracht hat. Selbst offenkundige Tatsachen darf das Gericht nicht verwerten, wenn sich der Arbeitgeber nicht auf sie zur Begründung seines Auflösungsantrages beruft.(Rn.88)

5. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag. Wegen des zeitlichen Beurteilungsansatzes ist es denkbar, dass mögliche Auflösungsgründe aufgrund Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Umstände eine andere Bewertung erfordern.(Rn.88)

6. Stützt der Arbeitgeber den Auflösungsantrag z.B. auf den Druck von Arbeitnehmern, das Unternehmen zu verlassen, wenn der zuvor rechtsunwirksam gekündigte Mitarbeiter seine Tätigkeit fortsetze, ist zu beachten, dass nicht anders als bei der sogenannten Druckkündigung, der Arbeitgeber verpflichtet ist, sich schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Insbesondere kann er sich nicht auf eine Drucksituation berufen, die er selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat, etwa, wenn er für die ablehnende Haltung der Belegschaft gegenüber dem Arbeitnehmer selbst den Anlass gegeben hat (BAG, Urteil vom 18.07.2013 – 6 AZR 420/12 – Rn. 39, juris).(Rn.91)

Quelle: https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/JURE240001355/part/L


LAG Nürnberg, Urteil vom 06.06.2023, 7 Sa 275/22

Vergütung für erforderliche Zeiten des Umkleidens und des Waschens / Fremdnützigkeit („Erforderlichkeit“) von Waschen und CO.

1. § 8 MTV für die Arbeitnehmer des Speditions-, Transport- und Logistikgewerbes in Bayern regelt die Vergütung für erforderliche Zeiten des Umkleidens und des Waschens nicht.

2. Steht fest, dass Umkleidezeit vor und nach der Arbeit und Körperreinigungszeit nach der Arbeit erforderlich sind, kann das Gericht die dafür notwendige Zeit schätzen bei Vorliegen entsprechender Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO.

Die für das Umkleiden vor und nach der Arbeit, für die Reinigung nach der Arbeit und für die Wege von der Umkleide an den Arbeitsplatz und vom Arbeitsplatz zur Umkleide erforderlichen Zeiten sind gem. § 611a Abs. 2 BGB gesondert zu vergüten.

Stellt sich aber noch die Frage, wann denn Waschen und ggfls. Duschen nach der Arbeit erforderlich!?

Ob Körperreinigungszeiten auch als Arbeitszeit in diesem Sinne anzusehen sind, ist höchstrichterlich bisher noch nicht geklärt. Im Sinne der Rechtsprechung des BAG zu den Umkleidezeiten kommt es darauf an, ob die Zeit zum – gegebenenfalls auch nur teilweisen – Reinigen des Körpers überwiegend oder ausschließlich fremdnützig ist und nicht nur dazu dient, dass der Arbeitnehmer sauber nach Hause kommt. Die Fremdnützigkeit ist zu verneinen, wenn es um Körperreinigungszeit geht, die üblicherweise im Privatleben dazu dient, die übliche Entwicklung von Verunreinigung, Schweiß und Körpergeruch im Laufe eines Tages zu beseitigen. Sie ist dagegen zu bejahen, wenn es um Körperreinigungszeit geht, die aufgewendet werden muss, weil die Verunreinigung des Körpers deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt. Es kommt hier nicht darauf an, wie die Berufung meint, dass die Verschmutzung des Körpers es unzumutbar macht, den Betrieb ohne Duschen zu verlassen.


LAG meck-pomm, Urteil vom 09.05.2023, 2 Sa 146/22

Abfindungszahlung – „Turboklausel“ – Schriftform / Kündigung per beA nicht möglich

1. Die Einräumung des Rechtes für eine Partei eines Arbeitsvertrages mit einer bestimmten Ankündigungsfrist vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden zu können, stellt ein § 12 Satz 1 KSchG vergleichbares Sonderkündigungsrecht dar, welches in einem Abwicklungsvertrag eingeräumt werden kann, dessen Ausübung jedoch dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB unterfällt.

2. § 623 BGB erfasst jedes Arbeitsverhältnis. Der Gesetzgeber hat das Schriftformerfordernis als konstitutiv angesehen. Es handelt sich deshalb um zwingendes Recht, welches weder durch vertragliche noch durch tarifvertragliche Regelungen abbedungen werden kann (BAG, Urteil vom 17.12.2015 – 6 AZR 709/14 – Rn. 35, juris).

3. Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen (§ 126a BGB). Eine solche Ersetzung ist jedoch nur möglich, wenn die elektronische Form nicht durch Gesetz ausgeschlossen ist.

4. Für Kündigungen ist gemäß § 623 2. Halbsatz BGB der Ausschluss der elektronischen Form normiert. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig zu verstehen gegeben, dass das Schriftformerfordernis konstitutiv ist, die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch elektronische Form nicht in Betracht kommt.

5. Die Formvorschriften des Bürgerlichen Rechts sind von denen des Prozessrechts strikt zu unterscheiden. Sie können wegen der Eigenständigkeit des Prozessrechts weder unmittelbar noch entsprechend auf Prozesshandlungen angewendet werden. Die Möglichkeit der Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur und Übermittlung durch das besondere Anwaltspostfach dient der Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren, verfolgt damit eine andere Ziel- und Zweckrichtung als die Formvorschriften des BGB. Es bedarf keiner Übertragung des für das Prozessrecht vorgesehenen Beschleunigungs- und Vereinfachungseffekts auf den Ausspruch von Kündigungen für Arbeitsverhältnisse.

Quelle: https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/JURE235007953


LAG Köln, Urteil vom 04.05.2023 – 6 Sa 684/22

Unterscheidung von Betriebsabteilung und Betriebsteil

Die „Betriebsabteilung“ im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG unterscheidet sich von dem „Betriebsteil“ im Sinne des § 4 BetrVG dadurch, dass die Betriebsabteilung einen eigenen Betriebszweck verfolgt.

Ohne Hinzutreten weiterer Tatsachen, gehören die Fotografinnen und Fotografen einer Tageszeitung nicht einer Betriebsabteilung „Fotografie“ an.


LAG Meck-POMM, Urteil vom 28.3.2023 – 2 Sa 112/22

Wettbewerbsverstoß – Vertragsstrafe

1. Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt vor, wenn ein Vertragsstrafeversprechen für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes vorsieht, ohne eine Differenzierung zu treffen nach der Schwere des Verstoßes, nach dem Grad des Verschuldens, der Möglichkeit eines Schadens und dessen Höhe, ohne eine Obergrenze der Vertragsstrafe sowie eine Berücksichtigung von Fortsetzungszusammenhang vorzusehen.

2. Soweit eine Klausel nicht zwischen einer versuchten Abwerbung, einer vollendeten Abwerbung und der Beteiligung an einer Abwerbung unterscheidet, nicht nur eine vollendete Abwerbung, sondern auch einfachste Unterstützungshandlungen und selbst der im frühen Anfangsstadium abgebrochene Versuch einer Abwerbung die Vertragsstrafe gleichermaßen in voller Höhe auslösen, liegt eine unangemessene Benachteiligung vor.

3. Dient eine Vertragsstrafe in erster Linie zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen, so fehlt es am berechtigten Interesse des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 18.08.2005 – 8 AZR 65/05 – Rn. 24, juris).


LAG Meckl.-Vorpommern, Urteil vom 10.1.2023 – 2 Sa 74/22

Anfechtung Arbeitsvertrag – Außerordentliche Kündigung – Falschangaben des AN -Anwendbarkeit Kündigungsschutzgesetz – Wartezeit

1. Nicht jede falsche Angabe des Arbeitnehmers bei den Einstellungsverhandlungen stellt bereits eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 BGB dar. Wird der Arbeitnehmer nach dem Vorliegen einer bestimmten Tatsache befragt, so ist er zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet, falls die gestellte Frage zulässig ist. Ein Fragerecht des Arbeitgebers bei den Einstellungsverhandlungen ist insoweit anzuerkennen, als der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis hat (BAG, Urteil vom 16.12.2004 – 2 AZR 148/04 – Rn. 25, juris).

2. Einzelvertragliche oder kollektivrechtliche Vereinbarungen über den Ausschluss oder die Verkürzung der Wartezeit (BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 2 AZR 790/11 – Rn. 14, juris) oder über die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber, sind zulässig. Einzelvertragliche Vereinbarungen dieser Art müssen nicht ausdrücklich getroffen werden. Sie können sich auch aus konkludentem Verhalten ergeben (BAG, Urteil vom 20.02.2014 – 2 AZR 859/11 – Rn. 44, juris; BAG, Urteil vom 18.02.1988 – 2 AZR 590/87 – Rn. 37, juris).


BAG, Urteil vom 23.08.2022, 5 AZR 349/22

Direktionsrecht des Arbeitgebers – Annahmeverzugsvergütung – Schadensersatz wegen verspäteter Mitteilung des Dienstes – Entfernung einer Abmahnung

Ist dem Arbeitnehmer auf der Grundlage der betrieblichen Regelungen bekannt, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für den darauffolgenden Tag in Bezug auf Uhrzeit und Ort konkretisieren wird, ist er verpflichtet, eine solche, per SMS mitgeteilte Weisung auch in seiner Freizeit zur Kenntnis zu nehmen.


LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.07.2022, 6 Sa 54/22

Offenlegung personenbezogener Daten durch den früheren Arbeitgeber gegenüber einem neuen Arbeitgeber 

Der Arbeitgeber ist aus dem Gesichtspunkt der nachwirkenden Fürsorgepflicht gehalten, über die Erteilung eines Zeugnisses hinaus im Interesse des ausgeschiedenen Arbeitnehmers Auskünfte über diesen an solche Personen zu erteilen, mit denen der Arbeitnehmer in Verhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrages steht;

solche Auskünfte darf der Arbeitgeber auch gegen den Willen des Arbeitnehmers erteilen;

er kann grundsätzlich nicht gehindert werden, andere Arbeitgeber bei der Wahrung ihrer Belange zu unterstützen.

Die Auskünfte, zu denen der Arbeitgeber berechtigt ist, betreffen nur Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses.


LAG Schleswig-Holstein , urteil vom 03.05.2022, 2 Sa 280/21

Unangemessene Ausbildungsvergütung – stillschweigender Änderung der Ausbildungsvergütung

Leitsatz

Keine wirksame Abänderung der Ausbildungsvergütung durch stillschweigende Änderung der Ausbildungsvergütung.

Orientierungsätze

1. Unterschreitet die vereinbarte Ausbildungsvergütung die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20%, ist sie in der Regel nicht angemessen im Sinne des § 17 Abs 1 S 1 BBiG 2005.

2. Wird bereits für eine ergänzende Nebenabrede eine schriftliche Niederlegung verlangt, so gilt dies erst Recht für eine abändernde Hauptabrede betreffend die Höhe der zu zahlenden Ausbildungsvergütung, weil erst mit der schriftlichen Fixierung der Hauptabrede festgelegt ist, welche Ausbildungsvergütung verlangt werden kann.


LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 23.12.21, 2 Ta 37/21

Kostengrundentscheidung – Kostenfestsetzungsverfahren – Kosten für Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten

1. Im Kostenfestsetzungsverfahren wird nach einer gerichtlichen Kostengrundentscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Verfahrenskosten nach prozessualen Maßstäben und Maßgabe des Kostenrechts entschieden.

2. Die Kostengrundentscheidung trifft keine Aussage über die Erstattungsfähigkeit von Verfahrenskosten.

3. Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren ist der Umfang der erstattungsfähigen Kosten über § 91 ZPO hinaus durch § 12 a ArbGG eingeschränkt. Danach sind Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten in der I. Instanz trotz positiver Kostengrundentscheidung nicht ersetzbar.


ArbG Weiden, urteil vom 09.01.2019 – 3 Ca 615/18

Anspruch auf ein ungelochtes Arbeitszeugnis

1. Ein Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf ein ungelochtes Arbeitszeugnis, wenn sein Arbeitgeber ungelochtes Geschäftspapier besitzt und benutzt oder die Verwendung ungelochten Papiers für die Zeugniserstellung in der betreffenden Branche Standard ist (beides hier verneint).

2. Eine Lochung stellt kein unzulässiges Geheimzeichen i.S.d. § 109 II 2 GewO dar.

und

LAG Köln, urteil vom 12. September 2023, 4 Sa 12/23

Anspruch auf (vollständige) Verwendung des Geschäftspapiers für ein Arbeitszeugnis?

Abzuweisen war die Klage jedoch teilweise insoweit, als dass auch beantragt worden war, das Zeugnis „vollständig“ auf Geschäftspapier gedruckt zu erteilen ist.

 Soweit der Arbeitgeber in seiner externen Kommunikation ausschließlich Firmenpapier verwendet, ist auch ein Arbeitszeugnis hierauf zu erstellen (ErfK/Müller-Glöge, § 109 GewO Rn. 14).

Dies bezieht sich vorliegend jedoch nur auf die erste Seite. Die Beklagte konnte unbestritten vortragen, dass sie üblicherweise die zweite Seite bei der Korrespondenz mit Dritten nicht auf Firmenpapier ausstellt. Dies erscheint auch nachvollziehbar, da eine derartige Vorgehensweise nicht unüblich erscheint. Insofern kann die Beklagte nunmehr nicht dazu verpflichtet werden, das Zeugnis des Klägers „vollständig“ auf Geschäftspapier zu erteilen. Dieser Anspruch beschränkt sich auf die erste Seite.


LaG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Juli 2022, 16 Sa 1750/21

Kündigung trotz Elternzeit zulässig – Zulässigkeit einer Änderungskündigung trotz Elternzeit

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.

2. Eine unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur daraufhin, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.


LAG Köln, Urteil vom 19.04.2018 – 7 Sa 625/17

Wegen der sich regelmäßig auf mehrere Jahre erstreckenden Relevanz einer zur Personalakte genommenen Abmahnung müssen der Anlass und die Eigenart der beanstandeten Pflichtverletzung in tatsächlicher Hinsicht hinreichend konkret und bestimmt dargestellt werden, um über Jahre hinweg rekonstruierbar zu bleiben.


LArbG Hamm, Urteil vom 27.04. 2000, 4 Sa 1018/99

Bewertung der Führungsleistung / Verwendung der verschlüsselter Zeugnisformulierungen

1. Unter Führungsleistung als Grundelement des qualifizierten Zeugnisses wird die Qualität der Mitarbeiterführung eines Vorgesetzten verstanden. Je nach Führungsebene ist eine Reihe von Merkmalen wichtig. Sehr wichtig bei der Beurteilung des Führungsergebnisses ist, dass sowohl zur Auswirkung der Führung auf die Motivation der Mitarbeiter (Betriebsklima) als auch zur Auswirkung auf die Mitarbeiterleistung (Abteilungsergebnis) Stellung genommen wird. Die Senkung der Fluktuationsrate oder Abwesenheitsquote läßt auf ein gutes Betriebsklima schließen. Stets zu beurteilen ist die Durchsetzungskraft der Führungskraft, denn fehlendes Durchsetzungsvermögen ist ein Zeichen von Führungsschwäche.

2. Wenn auch die von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung „wir haben Frau X. als eine freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennengelernt“, sich nicht abwertend anhört, wird der Arbeitnehmerin damit jedoch gerade nicht bescheinigt, dass sie eine tatsächlich „freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin“ gewesen ist, denn der Gebrauch des Wortes „kennengelernt“ drückt stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit oder Eigenschaft aus, wie von Seiten der Germanisten in einer ganzen Reihe von Schriften mit Untersuchungen zur Zeugnissprache eindrucksvoll belegt worden ist.


LAG Köln, Beschluss vom 19.07.2019, 9 TaBV 125/18

Internal Investigations – Mitbestimmungswidrige Überprüfung und Weiterleitung von Arbeitnehmer-E-Mails an private Ermittler – Beseitigungsanspruch des Betriebsrats – Löschung mitbestimmungswidrig erhobener Daten und Vernichtung darauf basierender Dokumente – Beweisverwertungsverbot

1. Will ein Arbeitgeber aus Anlass von Vorwürfen gegen die Geschäftsführung im Rahmen einer internen Untersuchung die E-Mail-Korrespondenz von nicht leitenden Arbeitnehmern überprüfen, hat er gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die vorherige Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

    2. Verstößt der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsrecht, kann der Betriebsrat von ihm Auskunft über die Namen der betroffenen Arbeitnehmer, die Mitteilung des personenbezogenen Anlasses für deren Überprüfung sowie künftige Unterlassung beanspruchen.

    3. Zur Beseitigung der Folgen des mitbestimmungswidrigen Verhaltens kann der Betriebsrat zudem verlangen, dass der Arbeitgeber auf mit der Untersuchung beauftragte Dritte dahingehend einwirkt, dass sie die an sie weitergeleiteten Daten löschen und Ausdrucke vernichten.

    4. Der Beseitigungsanspruch des Betriebsrats besteht nicht, soweit der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse an der Verwertung der Daten in einer rechtlichen Auseinandersetzung hat. Anderenfalls liefe der Beseitigungsanspruch auf ein Beweisverwertungsverbot hinaus, das weder Gegenstand einer wirksamen betrieblichen Regelung sein kann noch mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Beseitigungsanspruch durchsetzbar ist.


LAG MV, Urteil vom 21.10.2009, 2 Sa 237/09

2mal das LAG MV – Arbeitsvertragliche Ver­schwie­gen­heits­klauseln, über das Gehalt zu reden, sind un­wirk­sam

Eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, über seine Arbeitsvergütung auch gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit zu bewahren, ist unwirksam, da sie den Arbeitnehmer daran hindert, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen. Darüber hinaus verstößt sie gegen Art. 9 Abs. 3 GG.

Quelle: IWW vom 03.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103542

ebenso: LAG MV, Ur­teil vom 21.10.2009, 2 Sa 183/09



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