BAG, Urteil vom 18.11.2021 – 2 AZR 229/21
Hausangestellte – Arbeitgeberstellung von Ehegatten – Maßregelungsverbot
Ein von einem Ehegatten mit einem Arbeitnehmer in Bezug auf den Haushalt der Eheleute begründetes Arbeitsverhältnis führt nicht stets und unabhängig von den konkreten Erklärungen zu einer Mitverpflichtung des anderen Ehegatten als Arbeitgeber.
Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB liegt vor, wenn die zulässige Rechtsausübung der tragende Beweggrund für die benachteiligende Maßnahme ist. Handelt der Arbeitgeber aufgrund eines Motivbündels, ist auf das wesentliche Motiv abzustellen.
Hinweis → Der Senat hat offengelassen, ob die Regelung in § 1357 I BGB die Annahme nahelegt, dass ein Arbeitsverhältnis mit Eheleuten auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der Norm stets von einem Ehegatten gekündigt werden kann.
Quelle: NZA 2022, 200
Volltext → BAG / Urteil vom 18.11.2021 / 2 AZR 229/21
LAG MV, Urteil vom 23.11.2021, 5 Sa 88/21
Außerordentliche Kündigung wegen eigenmächtigen Fernbleibens von der Arbeit
1. Ein unentschuldigtes Fehlen eines Arbeitnehmers und eine eigenmächtige Urlaubsnahme sind geeignet, eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu begründen.
2. Ein Arbeitnehmer ist auch dann grundsätzlich nicht berechtigt, sich selbst zu beurlauben oder freizustellen, wenn er möglicherweise einen Anspruch auf Erteilung von Urlaub oder eine Freistellung gehabt hätte. Ein solcher Anspruch ist im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes, ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchzusetzen, nicht aber durch eigenmächtiges Handeln.
Quelle → VOLLTEXT / LAG MV / 23.11.2021 / 5 Sa 88/21
BAG, Urteil vom 19.01.2022 – 5 AZR 217/21
Kein gesetzlicher Mindestlohn für Pflichtpraktikum als Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums
Die Klägerin unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG* erfasst nach dem in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums, sondern auch solche, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, denn diese Universität ist staatlich anerkannt. Hierdurch ist die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.
Quelle: Pressemitteilung BAG vom 19.01.2022 / Nr. 1/22
BAG, Urteil vom 18.11.2021, 2 AZR 138/21
Ordentliche Kündigung – betriebliches Eingliederungsmanagement
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich ein neuerliches betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines bEM erneut länger als sechs Wochen durchgängig oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt war.
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2021, 2 Sa 11/21
Aufhebungsvertrag – Abfindung – Tod des Arbeitnehmers vor Vertragsschluss
1. Ein Aufhebungsvertrag, in dem sich der Arbeitnehmer zur Aufgabe des Arbeitsplatzes und der Arbeitgeber als Gegenleistung zur Zahlung einer Abfindung verpflichten, kommt ungeachtet des in der Vertragsabschlussphase eingetretenen Todes des Arbeitnehmers auch dann noch zustande, wenn der Arbeitgeber das Angebot des Arbeitnehmers vor dessen Tod bereits erhalten hat, es aber erst nach dem Tod des Arbeitnehmers annimmt. Das gilt auch dann, wenn nach dem Inhalt des Aufhebungsvertrags das Arbeitsverhältnis erst zu einem zukünftigen Zeitpunkt hätte enden sollen.
2. Allerdings verlieren die Erben des Arbeitnehmers infolge dessen Todes den Anspruch auf die vereinbarte Abfindung, weil der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Aufhebungsvertrags die von ihm geschuldete Leistung (Aufgabe des Arbeitsplatzes) nicht mehr erbringen konnte und infolgedessen auch der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt.
Achtung → Revision ist beim BAG anhängig zum AZ: 5 AZR 17/22
LAG Düsseldorf, Urteil vom 15.09.2021, 12 Sa 10/21
Verhaltensbedingte Kündigung – Auflösungsantrag der Arbeitgeberin
1. Auch bei einem im Aufbau befindlichen Betrieb gibt es einen regelmäßigen Beschäftigtenbestand i.S.v. § 23 Abs. 1 KSchG. Steigt die Mitarbeiterzahl innerhalb von sieben Monaten über den Schwellenwert von § 23 Abs. 1 KSchG und kündigt die Arbeitgeberin dann Arbeitnehmern zum Zwecke der Betriebseinschränkung, ist für die Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes grundsätzlich ein Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke maßgeblich. Diese kennzeichnet die regelmäßige Beschäftigtenzahl. Anders ist dies nur dann, wenn von Beginn an geplant war, diese Belegschaftsstärke nur kurz zu überschreiten. Das Kündigungsschutzgesetz findet hingegen – wie hier – Anwendung, wenn es darum geht, den im Aufbau befindlichen aber erreichten und eigentlich beabsichtigten Beschäftigtenstand oberhalb der Grenze von § 23 Abs. 1 KSchG wieder zu reduzieren.
2. Haben Arbeitgeberin und Arbeitnehmer schon jahrelang ohne wesentliche Beanstandungen zusammengearbeitet, so werden regelmäßig Auflösungsgründe von größerem Gewicht erforderlich sein, um die Prognose zu rechtfertigen, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist, als wenn es sich um einen Arbeitnehmer ohne erheblichen sozialen Besitzstand handelt, der schon wenige Monate nach Beendigung der Probezeit Auflösungsgründe setzt.
3. Bei der Bemessung der Abfindung ist ein arbeitsleistungsbezogener Bonus anteilig auf das Monatsgehalt umzulegen.
4. Die Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG kann in einem einheitlichen Arbeitsverhältnis in der Regel nur einheitlich festgesetzt werden. Bemessungsgrundlage, d.h. der Monatsverdienst i.S.d. § 10 Abs. 3 KSchG sind die Bezüge, die dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis insgesamt zustehen. Anders ist dies, wenn ein Arbeitnehmer – wie hier – zeitgleich zwei Arbeitsverhältnisse zu zwei verschiedenen Arbeitgeberinnen hat, die nicht als einheitliches Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sind und von denen ein Arbeitsverhältnis ruht. Das ruhende Arbeitsverhältnis unterliegt eigenständig der Auflösung gemäß §§ 9, 10 KSchG. Es hat einen eigenen wirtschaftlichen Wert. Der Umstand, dass das ruhende Arbeitsverhältnis zum Auflösungszeitpunkt zunächst hätte „aktiviert“ werden müssen, ist bei der Höhe der Abfindung für dieses Arbeitsverhältnis mindernd zu berücksichtigen.
Quelle → VOLLTEXT / LAG Düsseldorf / 12 Sa 10/21
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.12.2021, 4 Sa 32/21
Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung – Berechnung des Beginns der Schwangerschaft
Der Sonderkündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG knüpft am tatsächlichen Vorliegen einer Schwangerschaft zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung an. Will die Arbeitnehmerin das Vorliegen der Schwangerschaft über eine statistische Wahrscheinlichkeit herleiten, ist dies über einen Anscheinsbeweis möglich, der aber nur bei typischen Geschehensabläufen greifen kann. Ausgehend von einem typischen Geschehensablauf können zur Ermittlung des Zeitpunkts der Konzeption vom ärztlich festgestellten voraussichtlichen Entbindungstermin nur 266 Tage zurückgerechnet werden. Die vom BAG in ständiger Rechtsprechung angewandte Rückrechnung um 280 Tage führt zu Ergebnissen, die mit typischen Schwangerschaftsverläufen nicht in Deckung zu bringen sind.
Quelle → VOLLTEXT / LAG BW / 01.12.2021 / 4 Sa 32/21
VGH München, Beschluss vom 22.11.2021 – 22 ZB 21.2495
Arbeitszeit, Bereitschaftsdienst, „Wegezeit“ als Arbeitszeit?
Die Zeit, die ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Rufbereitschaft nach dem Abruf für den Weg zum Einsatzort und zurück aufwendet, ist nicht generell (ohne Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Rufbereitschaft) „Arbeitszeit“ im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbzG bzw. Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.
Quelle: BeckRS 2021, 41342, beck-online
FG Düsseldorf, Urteil vom 12.11.2021 – 1 K 2470/14 L
Für Angestellte (hier von einem Paketdienstleister) gezahlte Verwarngelder sind kein Arbeitslohn (also nicht lohnsteuerpflichtig).
Anmerkung: Entscheidung erging nach Zurückverweisung im Rahmen der zugelassenen Revision.
LAG Köln, Urteil vom 02.11.2021 – 4 Sa 290/21
Außerordentliche fristlose Kündigung aufgrund Kopierens und Weitergabe eines Emailanhangs an Dritte
Das Lesen einer offensichtlich an einen anderen Adressaten gerichtete Email sowie das Kopieren und die Weitergabe des Emailanhangs (privater Chatverlauf) an Dritte kann im Einzelfall eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen, auch wenn eine Zugriffsberechtigung auf das Emailkonto für dienstliche Tätigkeiten vorliegt.
Quelle → VOLLTEXT / LAG Köln / 04.11.2021 / 4 Sa 290/21
BAG, Urteil vom 01.07.2021 – 8 AZR 297/20
Entschädigung wegen erfolgloser Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen (?) – Nichteinladen zum Vorstellungsgespräch
Der Umstand, dass eine schriftliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch der sich bewerbenden schwerbehinderten oder gleichgestellten Person nicht entsprechend § 130 BGB zugegangen ist, kann die Kausalitätsvermutung nach § 22 AGG nur dann begründen, wenn der Arbeitgeber nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang der Einladung zu bewirken.
Ergebnis: kein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.08.2021, 1 Sa 70 ÖD/21
Erforderlichkeit einer Abmahnung – Kündigung – Unpünktlichkeit
1. Kommt ein Arbeitnehmer an drei von vier aufeinander folgenden Arbeitstagen erheblich zu spät oder gar nicht zur Arbeit, kann dies je nach den Umständen des Einzelfalls den Rückschluss auf ein hartnäckiges und uneinsichtiges Fehlverhalten zulassen, sodass er vor Ausspruch einer Kündigung keiner ausdrücklichen Abmahnung mehr bedarf.
2. Eine ordentliche Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn wegen der ersten Verspätung ausdrücklich eine mündliche Abmahnung erteilt wurde, auch wenn das Arbeitsverhältnis bereits mehr als 13 Jahre bestanden hat.
Quelle → VOLLTEXT / ArbG SH / 31.08.2021 / 1 Sa 70 öD/21
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.08.2021 – 8 Sa 16/21
Arbeitnehmerhaftung – Schadensersatz wegen verweigerter Herausgabe von Passwörtern
1. Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs bedarf es jedoch einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers. Die Freistellung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, wobei der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat.
2. Eine Entbehrlichkeit der Freistellungserklärung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger Prokura hatte.
Quelle → BeckRS 2021, 38830, beck-online
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.05.2021 – 3 SaGa 1/21
Wird ein Arbeitnehmer nach Ausspruch einer ordentlichen Kündigung vom Arbeitgeber einseitig freigestellt, so kann der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung – auch im Wege einer einstweiligen Verfügung – bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verlangen.
Aus den Gründen:
Es ist seit langem anerkannt, dass der Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung hat. Dieser verpflichtet den Arbeitgeber nicht nur dazu, die vereinbarte Vergütung zu zahlen, sondern auch dazu, das ideelle Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers durch tatsächliche Beschäftigung zu befriedigen.
Eine einseitige Suspendierung des Arbeitnehmers ist grundsätzlich nicht zulässig (BAG 21. September 1993 – 9 AZR 335/91 – NZA 1994, 267). Der Beschäftigungsanspruch muss nur dann zurücktreten, wenn überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Das kann etwa der Fall sein beim Wegfall der Vertrauensgrundlage, bei Auftragsmangel oder bei einem demnächst zur Konkurrenz abwandernden Arbeitnehmer aus Gründen der Wahrung von Berufsgeheimnissen (BAG 9. April 2014 –10 AZR 637/13 – BAGE 148, 16).
Andererseits kann sich auf Seiten des Arbeitnehmers das allgemeine ideelle Beschäftigungsinteresse im Einzelfall noch durch besondere Interessen ideeller und materieller Art, etwa Geltung in der Berufswelt, Ausbildung, Erhaltung von Fachkenntnissen usw., verstärken (vgl. BAG 27. Februar 1985 – GS 1/84 – a.a.O.).
ArbG Mannheim, Urteil vom 9.7.2021, 12 Ca 28/21
Zuschläge für Bereitschafts- und Rufdienste ohne fristgerecht aufgestellten Dienstplan – Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) – Aufstellen eines Dienstplans – mitbestimmter Dienstplan – Tarifauslegung
Leitsätze
1. Ein Dienstplan ist „aufgestellt“ im Sinne von § 10 Abs. 11 Satz 1 Tarifvertrag für Ärztin-nen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA), wenn ein verbindlicher Dienstplan vorliegt. Für den Fall, dass in dem Betrieb ein Betriebsrat gewählt ist, bedeutet dies, dass ein mitbestimmter Dienstplan vorliegen muss.
2. Liegt einen Monat vor dem jeweiligen Planungszeitraum kein verbindlicher, gegebenenfalls mitbestimmter Dienstplan vor, entstehen Ansprüche auf Zuschläge für Bereitschafts- und Rufdienste nach § 10 Abs. 11 Satz 2 TV-Ärzte/VKA. Weitere Voraussetzungen enthält § 10 Abs. 11 Satz 2 TV-Ärzte/VKA nicht; insbesondere ist es nicht relevant, ob die Ärztinnen und Ärzte letztlich so arbeiten, wie in einem unverbindlichen Dienstplan vorgesehen.
Quelle → VOLLTEXT / ArbG Mannheim / 09.07.2021 / 12 Ca 28/21
ArbG Hamburg, Urteil vom 24.11.2021, 27 Ca 208/21
Kündigung ohne vorherige Abmahnung wegen Coronatest-Verweigerung unwirksam
Aus den Gründen:
Im Ergebnis ist die streitgegenständliche Kündigung nach Auffassung der Kammer unwirksam, weil sie trotz mehrfacher Weigerung des Klägers, die von der Beklagten bereitgestellten Corona-Schnelltests durchzuführen, nicht als letztes Mittel erforderlich war, um den Kläger zur Vertragstreue zu bewirken. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ließ sich für die Kammer dagegen eine vorherige Abmahnung des Klägers nicht mit Sicherheit feststellen („non liquet“). Die Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt, war somit nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist sogleich zu kündigen.
Eine Kündigung kommt unter Beachtung des Verhältnismäßigkeits-grundsatzes auch bei Störungen im Leistungs- und Verhaltensbereich nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Dabei ist als mildere Reaktion insbesondere die Abmahnung anzusehen, die dann als alternative Gestaltungsmittel anzusehen ist, wenn schon sie geeignet ist, den mit der Kündigung verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen (vgl. BAG, Urt. v. 10.06.2010, Az: 2 AZR 541/09). Dementsprechend ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG bei Vertragspflichtverletzungen, die auf einem steuerbaren Verhalten beruhen, generell davon auszugehen, dass bereits die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses das künftige Verhalten des Arbeitnehmers positiv beeinflussen wird. Ordentliche und außerordentliche Vertragspflichtverletzungen setzen daher regelmäßig eine vergebliche Abmahnung mit entsprechender Warnfunktion voraus, die zudem der Objektivierung einer negativen Prognose dient (vgl. BAG, a.a.O., m.w.N.).
Im konkreten Fall war eine Abmahnung des Klägers nicht von vornherein entbehrlich. Das gilt schon deswegen, weil auch die Beklagte grundsätzlich nicht ausschließen konnte, dass der Kläger für den Fall der Androhung von Konsequenzen für den Bestand seines Arbeitsverhältnisses seine Verweigerungshaltung überdacht und die bereitgestellten Corona-Schnelltests zukünftig durchgeführt hätte.
Anmerkung: Die Entscheidung behandelte einen Vorfall im Juni 2021, als noch keine Pflicht für Tests am Arbeitsplatz existierte.
Ergebnis: Die Anordnung der Testpflicht war zulässig, eine Abmahnung des Klägers aber nicht zu beweisen und daher die Kündigung unwirksam.
Quelle → VOLLETXT unter Eingabe des Aktenzeichens 27 Ca 208/21
LAG Köln, Urteil vom 2.6.2021 – 6 Sa 1247/20
Massenentlassungsanzeige und fehlende Unterschrift – Kündigung wird dadurch nicht unwirksam
Das Fehlen einer Unterschrift unter der Massenentlassungsanzeige führt nicht zur Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 134 BGB. Mit dem Wort „schriftlich“ in § 17 Abs. 2 KSchG ist nicht die Schriftform im Sine des § 126 BGB gemeint. Die Textform reicht aus.
LAG Köln, Urteil vom 08.09.2021, 3 Sa 224/21
(Keine) nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage – Voraussetzungen des § 5 KSchG
Eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage der Klägerin gemäß § 5 KSchG kommt nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen der vorgenannten Vorschrift offensichtlich nicht vorliegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin – wie von § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG verlangt – trotz Anwendung aller ihr nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG zu erheben. Denn die Klägerin hat jedenfalls den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nicht innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG gestellt.
Maßgeblich für diese Frist ist nach der gesetzlichen Vorgabe der Zeitpunkt der Behebung des Hindernisses. Das ist vorliegend der Zeitpunkt zu dem die Klägerin erstmals Kenntnis vom verspäteten Klageeingang hatte. Dabei ist ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO die Kenntnis ihres Prozessbevollmächtigten zuzurechnen (vgl. BAG, Urteil vom 25.04.2013 – 6 AZR 49/12, EzA § 102 BetrVG 2001, Nr. 29; KR/Kreft, 12. Aufl., § 5 KSchG Rn. 100).
BAG, Urteil vom 30.11.2021, 9 AZR 225/21
„Kurzarbeit Null“ verringert Urlaubsanspruch
Fallen aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig aus, ist dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen.
Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage.
Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).*
Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien – wie im vorliegenden Fall – für die Berechnung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.
* Rechtsprechung des Senats vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – (Sonderurlaub); vgl. 24. September 2019 – 9 AZR 481/18 – (Altersteilzeit) → diese beiden Entscheidungen siehe hier nachfolgend
Quelle → Pressemitteilung des BAG vom 30.11.2021
BAG, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 406/17
Gesetzlicher Urlaubsanspruch – Sonderurlaub
1. Bei einem unterjährigen Wechsel der Anzahl der Arbeitstage in der Kalenderwoche ist der Urlaubsanspruch für das betreffende Kalenderjahr unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht umzurechnen.
2. Für Zeiten des unbezahlten Sonderurlaubs besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Zeitraum des unbezahlten Sonderurlaubs ist bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs regelmäßig mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen.
Quelle → VOLLTEXT / BAG / 19.03.2019 / 9 AZR 406/17
BAG, Urteil vom 24.09.2019 – 9 AZR 481/18
Kein Urlaubsanspruch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit
1. Der gesetzliche Urlaubsanspruch für den Zeitraum der Altersteilzeit ist nach § 3 Abs. 1 BUrlG jahresbezogen nach der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu berechnen.
2. Mit der Entscheidung, das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell fortzuführen, treffen die Arbeitsvertragsparteien eine Vereinbarung über die Verteilung der Arbeitszeit für den Gesamtzeitraum der Altersteilzeit, die den Arbeitnehmer allein in der Arbeitsphase zur Arbeitsleistung verpflichtet und ihn in der Freistellungsphase von vornherein von der Arbeitspflicht entbindet.
3. Einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindet, steht mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Vollzieht sich der Wechsel von der Arbeits- zur Freistellungsphase im Verlauf des Kalenderjahres, ist der gesetzliche Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten entsprechend der vertraglich vorgesehenen Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu berechnen.
BAG, Urteil vom 10.11.2021, 5 AZR 334/21
Arbeitgeber muss Fahrradlieferanten Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige Arbeitsmittel zur Verfügung stellen.
Fahrradlieferanten (sogenannte „Rider“), die Speisen und Getränke ausliefern und ihre Aufträge über eine Smartphone-App erhalten, haben Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihnen die für die Ausübung ihrer Tätigkeit essentiellen Arbeitsmittel zur Verfügung stellt. Dazu gehören ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes internetfähiges Mobiltelefon.
Von diesem Grundsatz können vertraglich Abweichungen vereinbart werden. Geschieht dies in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers, sind diese nur dann wirksam, wenn dem Arbeitnehmer für die Nutzung des eigenen Fahrrads und Mobiltelefons eine angemessene finanzielle Kompensationsleistung zusagt wird.
LArbG Nürnberg, Urteil vom 27.07.2021 – 7 Sa 359/20
Kündigung – Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Erschütterung des Beweiswertes – Darlegungs- und Beweislast
Der Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erschüttert, wenn die vom Arbeitgeber vorgetragenen Tatsachen zu ernsthaften Zweifeln an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Anlass geben.
Solche Tatsachen können u. a. die Erteilung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne Untersuchung nur nach telefonischer Rücksprache oder – wie im vorliegenden Fall – auch die gemeinsame Krankschreibung mehrerer Arbeitnehmer für die Dauer eines vom Arbeitgeber widerrufenen Betriebsurlaubes sein.
BAG, Urteil vom 15.06.2021, 9 AZR 217/20
Beschäftigungsanspruch – unternehmerische Entscheidung – Wegfall der Beschäftigung infolge Umorganisation – Missbrauchskontrolle
Der allgemeine Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gemäß §§ 611a, 613 iVm. § 242 BGB setzt neben einer arbeitsvertraglichen Verbindung der Parteien voraus, dass das Interesse des Arbeitnehmers an seiner Beschäftigung das des Arbeitgebers an seiner Nichtbeschäftigung überwiegt. Der Anspruch kann ausgeschlossen sein, wenn eine Beschäftigung des Arbeitnehmers, zB wegen Auftragsmangels oder einer Umorganisation, die auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, nicht (mehr) möglich ist.
Ein Arbeitgeber verhält sich nicht pflichtwidrig, wenn er an einer rechtmäßigen unternehmerischen Entscheidung festhält, deren Umsetzung zur Unmöglichkeit einer vertragsgemäßen Beschäftigung des Arbeitnehmers führt. In diesem Fall kommt ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers nach § 275 Abs. 4 iVm. § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 BGB wegen unterlassener Beschäftigung nicht in Betracht.
Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Rückgängigmachung einer Organisationsänderung, die zum Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes geführt hat.
Die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall geführt hat, ist nicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen und ist, mit Ausnahme sachwidriger, missbräuchlicher oder willkürlicher Maßnahmen, vom Arbeitnehmer hinzunehmen.
Quelle → Beck-Verlag / FD-ArbR 2021, 443333 und BeckRS 2021, 30977
Volltext → BAG / Urteil vom 15.06.2021 / 9 AZR 217/20
LAG MV, Urteil vom 05.10.2021, 5 Sa 22/21
Wartezeitkündigung – Personalratsanhörung – Probezeit nur „pro forma“
Aus einer arbeitgeberseitigen Äußerung im Vorstellungsgespräch oder bei Arbeitsantritt, dass eine Probezeit nur „pro forma“ vereinbart werde oder sei, lässt sich regelmäßig kein Verzicht des Arbeitgebers auf die erleichterten Kündigungsmöglichkeiten während der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes herleiten.
Stützt der Arbeitgeber eine Wartezeitkündigung allein auf Werturteile, wie zum Beispiel mangelnde Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten, genügt es, dem Personalrat diese Einschätzung mitzuteilen. Die diesem subjektiven Werturteil evtl. zugrundeliegende Tatsachenelemente muss der Arbeitgeber nicht angeben. Es reicht aus, wenn er dem Personalrat lediglich das Werturteil als Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt.
Quelle → VOLLTEXT / Urteil vom 05.10.2021 / 5 Sa 22/21
LAG Thüringen, Urteil vom 04.08.2021, 4 Sa 293/19
Betriebsbedingte Kündigung – Darlegungslast – Kündigungsgrund
In Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, kann die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Daran fehlt es, wenn die Entscheidung in ihrer Folge zu einer Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte oder sie lediglich Vorwand dafür ist, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird.
Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und auf Grund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d. h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können.
Quelle → VOLLTEXT / LAG THÜRINGEN / 04.08.2021 / 4 Sa 293/19
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.07.2021, 21 Sa 1291/20
Äußerungen in einem vertraulichem WhatsApp-Chat sind kein Kündigungsgrund
Zwar sei eine gerichtliche Verwertung der gefallenen Äußerungen im Gerichtsverfahren zulässig. Eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung könne jedoch nicht festgestellt werden, weil eine vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts falle. Um eine solche gehe es hier, da diese in sehr kleinem Kreis mit privaten Handys erfolgt und erkennbar nicht auf Weitergabe an Dritte, sondern auf Vertraulichkeit ausgelegt gewesen sei. Auch eine fehlende Eignung für die Tätigkeit könne allein auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Besondere Loyalitätspflichten bestünden nicht, weil der Gekündigte als technischer Leiter keine unmittelbaren Betreuungsaufgaben wahrzunehmen habe. Auf das Fehlen des erforderlichen Mindestmaßes an Verfassungstreue, das von Bedeutung sei, wenn man den Verein als Teil des öffentlichen Dienstes betrachte, könne allein aufgrund dieser vertraulichen Äußerungen nicht geschlossen werden.
Und hier noch eine Besonderheit:
Das Landesarbeitsgericht hat – anders als das Arbeitsgericht – das Arbeitsverhältnis jedoch auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise möglichen gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses lägen hier vor. Es sei im Sinne des § 9 Kündigungsschutzgesetz keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zu erwarten
Quelle → PRESSEMITTEILUNG zum Urteil vom 19.07.2021 / 21 Sa 1291/20
LAG MV, Urteil vom 14.09.2021 – 2 Sa 26/21
Pauschalvergütungsabrede für Überstunden – Vertragsauslegung
Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Abrede, dass die Leistung von 10 Überstunden pro Monat mit der vereinbarten Vergütung abgegolten ist, entfaltet Wirksamkeit.
Eine derartige Klausel ist weder überraschend (§ 305 c BGB) noch benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB).
Sie unterliegt als Hauptleistungsabrede keiner weiteren Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB).
Quelle → VOLLTEXT / LAG MV / 14.09.2021 / 2 Sa 26/21
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.08.2021, 8 Sa 361/20
Außerordentliche Kündigung – Arbeitszeitbetrug – Interessenabwägung – Abmahnungserfordernis – Kündigungsgrund „an sich“?
1. Bei der Betrachtung eines Sachverhaltes, der ohne seine besonderen Umstände „an sich“ einen typischerweise wichtigen Kündigungsgrund darstellt, ist ein objektiver Maßstab anzulegen.
2. Die Nichteinhaltung von vorgegebenen Arbeitszeiten oder auch die Verrichtung von Privattätigkeiten während der Arbeitszeit können an sich einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 I BGB darstellen.
3. Kein auch nur „an sich“ geeigneten Kündigungsgrund liegt in der Buchung der Gebäckkosten für die Veranstaltung. Als Abteilungsleiter steht dem Arbeitnehmer gerade auch ein Spielraum bei der Organisation der Führung der Abteilung zu, der sich vorliegend in diesem Verhalten nicht als überschritten darstellt.
Leitsätze → Beck-Verlag / FD-ArbR 2021, 442920, beck-online
Quelle → VOLLTEXT / LAG Rheinland-Pfalz / 8 Sa 361/20
LArbG München, Urteil vom 05.05.2021, 5 Sa 938/20
Ordentliche betriebsbedingte Kündigung einer Reiseleiterin in der Corona-Pandemie – Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen schließen sich aus
Die gleichzeitige Einführung von Kurzarbeit im Betrieb für Mitarbeiter mit den gleichen Aufgaben spricht gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf (Anschluss an BAG, 23.02.2012, 2 AZR 548/10). Da für einen Reiseleiter und Stadtführer aufgrund der Covid-Pandemie zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 09.04.2020 die Prognose eines dauerhaften Rückgangs des Arbeitsvolumens nicht bestand, war die Kündigung nicht aus dringenden betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil 01.07.2021, 5 Sa 1573/20
Benachteiligung wegen des Alters – Stellenausschreibung – Start-Up-Unternehmen – Entschädigung
Im Falle eines noch nicht lange bestehenden Startup-Unternehmens hat die Passage in einer Stellenausschreibung, dass ein „junges Team mit flachen Hierarchien“ geboten werde, keinen Bezug zum Alter der Mitarbeiter dieses Teams.
Die durchgehende Verwendung der zweiten Person („dir“,“deine“) in einer Stellenausschreibung ist kein Hinweis darauf, dass jugendliche Personen angesprochen werden, sondern heutzutage eine in vielen großen Unternehmen übliche Art und Weise des vom Alter unabhängigen Ansprechens von Mitarbeitern.
Hiernach liegt kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (§§ 1, 7 Absatz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG) vor, so dass keine Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung gemäß § 15 Absätze 1 und 2 AGG besteht.
ABER
→ Nichtzulassungsbeschwerde ist anhängig beim BAG unter dem AZ: 8 AZN 581/21
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.09.2021 – I Sa 299/20
Kündigung wegen alkoholbedingten Entzugs der Fahrerlaubnis / Erfordernis einer Abmahnung / Milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung?
Ist das Führen eines KFZ zwar nicht die alleinige, jedoch eine wesentliche Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag, stellt die alkoholbedingte Entziehung der Fahrerlaubnis einen an sich geeigneten Grund für eine außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung dar.
Bietet der Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigung an, die Zeit bis zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch Beschäftigung eines Fahrers auf eigene Kosten und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu überbrücken und ist dem Arbeitgeber dies zumutbar, kommt eine solche Möglichkeit als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung in Betracht.
Verstößt ein langjährig beschäftigter Arbeitnehmer durch eine Trunkenheitsfahrt außerhalb der Arbeitszeit schuldhaft gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten und erscheint eine Wiederholung als wenig wahrscheinlich, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Abmahnung nicht von vorneherein entbehrlich.
Quelle → VOLLTEXT / Urteil vom 06.09.2021 – I Sa 299/20
BAG, Urteil vom 21.09.2021, 3 AZR 147/21
Anspruch auf betriebliche Altersversorgung – Wirksamkeit einer Altersklausel in einer Versorgungsordnung
Arbeitgeber können Beschäftigte, die erst nach dem 55. Lebensjahr ins Arbeitsverhältnis eingetreten sind, wirksam durch eine Versorgungsregelung von Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge aussschließen. Dies stellt 1. keine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters und 2. auch nicht wegen des weiblichen Geschlechts dar.
Die in der Versorgungsregelung vorgesehene Altersgrenze ist nicht als unzulässige Altersdiskriminierung nach § 7 Abs. 1 AGG unwirksam. Vielmehr ist sie nach § 10 AGG ge-rechtfertigt und zwar auch unter Berücksichtigung der Anhebung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres nach § 35 Satz 2 SGB VI. Mit der Altersgrenze wird ein legitimes Ziel verfolgt, sie ist angemessen und erforderlich.
Die gewählte Altersgrenze führt auch nicht zu einer unzulässigen mittelbaren Benachteiligung von Frauen wegen ihres Geschlechts, so dass daraus ebenfalls keine Unangemessenheit abgeleitet werden kann. Ein durchschnittliches Erwerbsleben dauert ungefähr 40 Jahre und der durch die Altersgrenze betroffene Teil eines solchen Erwerbslebens darf nicht unangemessen lang sein. Nach den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung lagen im Jahr 2019 den Versicherungsrenten in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 39,0 Versicherungsjahre zugrunde. Bei den Frauen belief sich diese Zahl auf 36,5, bei den Männern auf 41,9 Versicherungsjahre. Dieser Unterschied ist nicht so groß, dass Frauen durch die Auswirkungen der Altersgrenze unangemessen benachteiligt sind.
Quelle → Pressemitteilung des BAG vom 21.09.2021 / Nr. 26/21
LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 30.4.2021, 2 Sa 216/20
Ordentliche Kündigung / Erforderlichkeit einer Abmahnung (milderes Mittel) / Rücksichtnahmepflicht
Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers – wie etwa eine Abmahnung – geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken.
Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich ausgeschlossen ist.
Quelle: Beck-Verlag / beck-online / BeckRS 2021, 27021
ArbG Bremen-Bremerhaven vom 11.3.2021, 3 Ga 302/21
Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung / Rücknahme der Freistellung
Dem Arbeitnehmer im ungekündigten Arbeitsverhältnis kommt ein Anspruch nicht nur auf Zahlung der Vergütung, sondern auch auf tatsächliche Beschäftigung zu. Im bestehenden Arbeitsverhältnis gilt dies allerdings dann nicht, wenn überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, etwa bei Wegfall der Vertrauensgrundlage, bei Auftragsmangel oder bei einem demnächst zur Konkurrenz abwandernden Arbeitnehmer aus Gründen der Wahrung von Betriebsgeheimnissen.
Grundsätzlich besteht kein Anspruch gerade auf bestimmte Tätigkeiten, es sei denn, dass dies ausdrücklich zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart ist. Die vertragliche Verpflichtung zur Arbeitsleistung ist in der Regel durch den Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig bestimmt.
Quelle: Beck-Verlag / BeckRS 2021, 10222 / beck-online
LAG NIEDERSACHSEN, URTEIL VOM 04.05.2021, 11 Sa 1180/20
(Keine) Entfernung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Es wird an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts festgehalten, wonach der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht besteht.
Datenschutzrechtliche Änderungen im Zusammenhang mit der DSGVO führen jedenfalls bei in Papierform geführten Personalakte zu keiner Änderung der Rechtslage (entgegen LAG Sachen-Anhalt vom 23.11.2018, 5 Sa 7/17).
Quelle → Volltext / LAG Niedersachsen / 11 Sa 1180/20
Hinweis → Das LAG Sachsen-Anhalt bejaht indes einen datenschutzrechtlichen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung nach Ende des Arbeitsverhältnisses (so LAG Sachsen-Anhalt 23.11.18, 5 Sa 7/17, NZA-RR 109, 335).
Quelle (hierzu) → Volltext / LAG Sachsen-Anhalt / 5 Sa 7/17
LaG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.06.2021, 3 Sa 37 öD/21
Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung – Benachteiligung wegen des Geschlechts – Gendersternchen
Die Verwendung des Gendersternchens in einer Stellenausschreibung diskriminiert mehrgeschlechtlich geborene Menschen nicht.
Ziel des Gendersternchens ist es, niemanden zu diskriminieren und die Vielfalt der Geschlechter deutlich zu machen.
Die Verwendung der Formulierung „schwerbehinderte Bewerber*innen“ an Stelle der Formulierung „schwerbehinderte Menschen“ stellt keine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar.
Quelle → LAG SH / Urteil vom 22.06.2021 / 3 SA 37ÖD/21
LAG Niedersachsen, Urteil vom 24.02.2021, 17 Sa 890/20
Betriebsbedingte Kündigungen – Insolvenzverfahren – Massenentlassungen – Verstoß gegen Unterrichtungspflicht
Ein Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht des § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
ABER:
Das Bundesarbeitsgerichts hat den Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens im Zusammenhang mit der Frage angerufen*, welche Sanktion ein Verstoß gegen § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG** nach sich zieht.
→ BAG, Beschluss vom 27. Januar 2022 – 6 AZR 155/21 (A)
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.11.2020, 17 Sa 12/20
Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers bei steuerlicher (Falsch)beratung des AN – Auskunftspflicht
Erteilt ein Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der die Zahlung einer Abfindung vorsieht, überobligatorisch eine falsche oder unvollständige Auskunft auf eine Frage des Arbeitnehmers zu steuerrechtlichen Aspekten der Abfindungszahlung, haftet er nach § 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB für den durch die schuldhaft erteilte fehlerhafte Auskunft enstandenen Schaden.
Hinsichtlich der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden trägt der den Arbeitgeber in Anspruch nehmende Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Der Grundsatz, dass eine richtig informierte Partei sich interessengerecht verhält (Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens), greift zugunsten des Arbeitnehmers nicht ein, wenn es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab. Soweit der Bundesgerichtshof die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens bei der Verletzung von Aufklärungspflichten bei Kapitalanlagen auch dann anwendet, wenn mehr als eine Handlungsalternative bestanden hat, ist diese Rechtsprechung auf von Arbeitgebern erteilte Auskünfte zu steuerrechtlichen Fragen nicht zu übertragen.
LAG Thüringen, Urteil vom 03.03.2021, 4 Sa 154/19
Außerordentliche Kündigung – Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers – Interessenabwägung
Einzelfall zur Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung aufgrund des Ergebnisses der Interessenabwägung, nach welchem es dem Arbeitgeber zuzumuten gewesen wäre, abzuwarten, ob die vom Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits begonnene Therapie einer Alkoholerkrankung erfolgreich ist und zu einer Veränderung des Verhaltens und damit zur Beseitigung der Vertragsstörung geführt hätte.
Quelle → VOLLTEXT / LAG Thüringen / 03.03.2021 / 4 Sa 154/19
LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2021, 3 Sa 800/20
Rechtsanspruch auf Dank und gute Wünsche im Arbeitszeugnis
1. Vereinbaren die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erteilung eines „qualifizierten wohlwollenden Arbeitszeugnisses“, lässt sich daraus allein die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Ausspruch von Dank und guten Zukunftswünschen im zu erteilenden Zeugnis nicht herleiten.
2. Allerdings hat ein Arbeitnehmer, dem ein einwandfreies Verhalten und (zumindest leicht) überdurchschnittliche Leistungen attestiert werden, einen Rechtsanspruch auf den Ausspruch von Dank und guten Wünschen für die Zukunft im Arbeitszeugnis, soweit dem nicht im Einzelfall berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Das folgt aus dem Rücksichtnahmegebot gemäß § 241 Abs. 2 BGB, welches die Leistungspflicht nach § 109 GewO insoweit konkretisiert.
3. Ein Rechtsanspruch auf die Äußerung eines – tatsächlich nicht vorhandenen – Bedauerns über das Ausscheiden des Mitarbeiters besteht hingegen nicht. Dem stünde die Wahrheitspflicht entgegen.
Arbeitsgericht Hagen, Urteil vom 16.02.2021 – 4 Ca 1688/20
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers bei den Arbeitszeiten hat seine Grenzen (hier: der Tierschutzgedanke u.a.)
Arbeitgeber müssen bei einer Neufestlegung von Arbeitszeiten stets die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigen. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers – hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung und gerade deshalb muss der Arbeitgeber dieses auch ausüben – kann nämlich begrenzt sein.
Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber die vereinbarte Wochenarbeitszeit von 25 Stunden neu verteilt und zwar dergestalt, dass der hier betroffene Fahrer (zur Essensversorgung für Kitas, Schulen, Privathaushalte) am Freitag statt vorher 5 Stunden am Stück (ohne Pause) nun 7 Stunden (mit Pausen) arbeiten sollte. Dafür reduzierten sich die Arbeitszeiten an den anderen 4 Tagen um jeweils 20 Minuten.
Der Arbeitnehmer weigerte sich, weil er nach eigenen Angaben dies aufgrund familiärer Verpflichtungen wie Haushalt, Versorgung des 84-jährigen Schwiegervaters sowie der Betreuung des gemeinsamen Hundes nicht könne.
Das Gericht sah zwar keinen vertraglichen Anspruch des Arbeitnehmers auf die von ihm beanspruchten Arbeitszeiten, aber der Arbeitgeber habe hier (das ist immer eine Einzelfallentscheidung und -abwägung) sein Ermessen gemäß § 106 GewO i.V.m. § 315 BGB nicht korrekt ausgeübt. Und das Arbeitsgericht machte dies an dem Punkt der Hundebetreuung (wenn auch nur an diesem) und dem Tierschutzgedanken fest. Da die Ehefrau auch eben in Vollzeit arbeitete und auch noch Berufspendlerin war, war nach Ansicht des Gerichts nicht zu akzeptieren, dass der Hund der Familie zumindest eben am Freitag 7 Stunden plus Wegezeiten allein bleibt. Dem Arbeitnehmer sei auch hier nicht zuzumuten, sich dafür um einen Tiersitter oder gar eine Hundepension zu kümmern.
Wörtlich aus den Gründen:
… Nach § 106 Abs.1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsverfassung oder Gesetz festgelegt sind. Fehlt es an einer solchen Festlegung der Lage der Arbeitszeit, ergibt sich der Umfang der arbeitgeberseitigen Weisungsrechte aus § 106 GewO. Die Weisung des Arbeitgebers unterliegt dann einer Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO i.V.m. § 315 Abs.3 BGB (vgl. BAG vom 28.08.2013 – 10 AZR 569/12 – Rn. 20 – zur Bestimmung des Arbeitsortes) …
Und da der Arbeitgeber keine gewichtigen betrieblichen Gründe belegen konnte und zudem auch noch Auslieferungsfahrer für genau die bisherigen Arbeitszeiten des AN gesucht habe, durfte der AG (hier) eben die Arbeitszeiten nicht derart ändern.
Hinweis zum VOLLTEXT der vorbennanten Entscheidung des BAG vom 28.08.2013 – 10 AZR 569/12 geht es hier → BAG, Urteil vom 28.08.2013, 10 AZR 569/12
Arbeitsgericht Berlin, urteil vom 05.10.2012, 28 Ca 10243/12
Weisungsrecht des Arbeitgebers bei Arbeitszeitänderung – angemessene Ankündigungsfrist – Androhung einer Krankheit als Druckmittel
1. Hat der Arbeitgeber sein Recht auf Konkretisierung der zeitlichen Lage des Arbeitseinsatzes eines Teilzeitbeschäftigten (§ 106 Satz 1 GewO) per Dienstplan ausgeübt (hier: Einteilung zum Spätdienst), so kann er von seiner diesbezüglichen Leistungsbestimmung nicht ohne Rücksicht auf dessen Belange wieder einseitig abrücken (hier: Schichttausch zum Frühdienst).
Er hat dem Adressaten gegenüber insbesondere eine den Umständen nach angemessene Ankündigungsfrist einzuhalten.
2. Für die Bemessung dieser Frist kann im Grundsatz auf die Regelung des § 12 Abs. 2 TzBfG (vier Tage im voraus) zurückgegriffen werden. Ist der Adressat hiernach nicht verpflichtet, der geänderten Anordnung des Arbeitgebers Folge zu leisten, so kann dieser die Weigerung auch dann nicht mit fristloser Kündigung beantworten, wenn der Adressat ihm bei Aufrechterhaltung des Änderungswunschs die „Krankschreibung“ in Aussicht gestellt hat.